Gisa auf Abwegen

Das Tagebuch einer Tour, die in Indien beginnt

Wie die Zeit vergeht

Posted by gisa01 - 8 Juni, 2009

Hallo Ihr Lieben!

Eigentlich wissen es ja schon alle, ich bin nicht mehr in Indien…ich bin in Kanada…und auch schon lange nicht mehr mit meinem Motorrad unterwegs.
Also hat es sich ausgebloggt… in ein paar Wochen werde ich den Blogg ganz rausnehmen und wer dann noch ein paar Neuigkeiten von meinem Treiben bekommen will, der schreibe mir doch einfach eine Mail und erzaehlt auch ein Bisschen was von sich 🙂
Freue mich auf Euch,
Eure Gisa

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Waschmaschine

Posted by gisa01 - 3 Dezember, 2008

Sicht von meiner 'alten' Behausung

Sicht von meiner 'alten' Behausung

Seit einigen Tagen liegt unaufhoerliches Motorsaegen geknatter in der Luft. Welche Strasse man auch nimmt, die Raender sind gesaeumt von entwurzelten Baeumen, kleinen neu entsprungenen Seen und Baechen.
Eine Woche lang war das Leben an der Westkueste Suedindiens gelaehmt und wurde von einem Zyklonen wie durch die Waschmaschine gedreht.
Regen Regen und nochmals Regen, horonzontal, gepeitscht von einem wuetenden Orkan. Waehrend ich den in 2 Metern entfernten, vielleicht 40 meter hohen und maechtigen Baum neben meinem im vergleich winzigen Haeuschen filme, um der Nachwelt eindruecklich festzuhalten, wie der Wind seinen Stamm und mit ihm seine Wurzeln und den dazugehoerigen Boden anhebt und sich im Winde schaukelt, kracht es hinter mir auf der Strasse! Es hat nicht diesen, sondern einen anderen Baum erwischt. Eine Strasse mehr, die unbefahrbar ist und eine Wasserleitung weniger!

Der kleine umgestuerzte Baum

Der kleine umgestuerzte Baum

Fuer die Kinder keine Schule und fuer die Eltern bangen um das Haus und Leben. Strassen und Wege verwandeln sich in reissende Fluesse oder sind zu einem beschaulichen See geworden.
Es prasselt, donnert und blitzt und es will nicht aufhoeren. Waehrend es im Dorf schon seit Tagen keinen Strom mehr gibt, sind wir hier im „Gruenen Guertel von Auroville“ von Haus aus auf Solarenergie angewiesen und „zum Glueck“ unabhaengig. Oh Wunder funktionieren die Telefonleitungen im Haus noch, obwohl ich viele Masten abgebrochen oder gestuerzte Baeume die Kabel mit sich gerissen gesehen habe. Jetzt heisst es Strom sparen, was auch immer die Solarzellen hergeben, ist nicht viel bei dem dunklen Himmel. Kerzen sind schon lange in keinem Laden mehr zu finden und so bin ich froh, ueber einen Restbestand meines Vermieters. So koche ich abends bei Kerzenschein und gehe mit einer Taschenlampe zu meinem windigen und feuchten Badezimmers draussen. Alles nur, um noch die letzten Watt fuer meinen laufenden Computer zu sparen.

Brennholz davontragen

Brennholz davontragen

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So sehen erschoepfte Baueme aus

Morgens ist mein Badezimmer wieder voller Blaetter und die Haushaltshilfe sagt mir einmal mehr, dass die Waesche heute wieder nicht gewaschen werden kann, wo sollte sie auch trocknen? Also aergere ich mich ueber das verwuestete Badezimmer und ueber den nassen Hund, der sich nach einem kurzen aber nassen Spaziergang wieder bei mir ins trockene fleuchtet und sich mitten im noch trockenen Haus erst mal schuetteln will. Eine Ecke im Haus faengt auch langsam an zu tropfen und die Moebel und Kleidung faengt unangenehm an zu riechen…denk ich mir doch so, was fuer ein Scheiss…als ich die Amma (Haushaltshilfe) draussen im Sturm vorbeihuschen sehe, sie traegt eine zurechtgeschnittene Plastiktuete auf dem Kopf und einen durchnaessten Regenmantel am Koerper.
Als sie mir dann von ihrer durchnaessten Huette aus Lehm und Kokusnussdach erzaehlt, komme ich mir einfach laecherlich, mit meinem Problemchen, vor. Als sie dann noch erzaehlt, dass es im Dorf schon seit ein paar Tagen kein Trinkwasser mehr gibt und dass es Lebensmittelverteilungen den anderen Tag gab, sie nachts vor naesse, schreiendem Kind und Angst nicht schlafen kann, wuerde ich sie am liebsten direkt samt Familie in mein Haeuschen einziehen lassen.

Davongeschwemmte Wege

Davongeschwemmte Wege

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Zum Glueck war das nur eine Mauer

Trotzdem kommt sie jeden Morgen puenktlich zur Arbeit, kaempft sich durch den gefaehrlichen Sturm, vorbei an den gefallenen Baeumen, unausgeschlafen und hungrig. Am Hause des Vermieters gibt es naemlich alle Haende voll zu tun und da sie eifrig ist und das Geld braucht, kommt sie auch am Sonntag noch und schafft es nicht einmal sich genuegend Zeit fuer ein Fruehstueck zu nehmen. Sie muss sich um die Pferde kuemmern, das Wasser aus der Abstellkammer schaufeln, damit die auf dem Boden stehenden Batterien unserer Anlage nicht ertrinken, muss die Wege freimachen von Aesten und Blaetter, muss putzen und kochen.
Ich, mit meinem Laptop auf dem Schoss, ein trockenes Haeuschen fuer mich alleine und all dem Luxus, werde mich zwei Tage spaeter, als auch uns das Wasser ausgeht und bei einer Luftfeuchtigkeit von 100% und einer Temperatur von rund 27 Grad einem der Schweiss auch bei der kleinsten Bewegung den Ruecken runter laeuft, – mich nicht mehr beschweren! 🙂

Als sich einige Tage spaeter der Zyklon verabschiedet und landeinwaerts wandert, geht es darum der Schnellste zu sein! Umgestuertse Baeume verwandeln sich ploetzlich in Geldgruben. Wo man auch hingeht, es geht um „timber“ – Bauholz, der relativ kleine Baum, der waehrend meines Videos zu fall ging, ist ploetzlich kein Baum mehr sondern 2-4 Monatsgehaelter eines Doerflers wert.

Kein Telefon mehr...

Kein Telefon mehr...

Rette jeder was er kann, steht den Leuten auf der Stirn. In der Baeckerei hoere ich eine Hollaenderin schimpfen, wie einfältig wir Auslaender uns hier in Auroville benehmen! Es sei doch ganz klar, dass unsere Ammas ab und an Zucker oder Reis bei uns klauen! Was wuerden wir denn tun, wenn unsere Familie etwas zu essen braucht und wir vor den vollen Toepfen unserer Arbeitgeber stehen! Sie schaut mich an und sagt auch mir: „Du, du wuerdest doch das Gleiche tun!“ und ich nicke ihr zustimmend zu. Als dann unweigerlich das Gespraech auf die Baeume zu sprechen kommt, erzaehlt uns die gleiche Dame von ihrem Heldenhaften Einsatz im Kampf gegen die Holzdiebe. „…da habe ich denen gesagt, dass sie diesen Bambus nur gegen meinen Tot nehmen koennen. Ich werde nicht von hier weichen und so lange dagegen kaempfen…!“ So setzt nun mal jeder seine Prioritaeten anders! Aber es geht nur noch ums Holz, wessen Land, wer hat ihn gepflanzt, wer von der Stelle geraeumt oder schlicht und ergreifend, wer hat ihn geklaut?!

Nun ist es wieder trocken und die Sonne scheint, das Aufraeumen geht weiter. Neben den umgefallenen Baeumen am Strassenrand wird alles auf Zäune und Aeste gehaengt, was sich in der Wohnung bewegen laesst und wird getrocknet. Auch ich lasse mich nicht lumpen und raeume und trockne. Dabei finde ich die verschwundenen Tomaten von letzter Woche unter meinem Sofa! Wusstet Ihr, dass Ratten Tomaten und Lakritz lieben? Auf jeden Fall wische ich die riechenden Ueberreste weg und ohhhh no, finde einen Termitengang aus einer mikroskopisch kleinen Hausritze herauswachsen. Schliesslich finde ich noch weitere

Morgens um 10 krachte dieser Baum FAST auf die Arbeitsstaette. "Der kleine Tempel daneben hat wohl gute Arbeit geleistet!"

Morgens um 10 krachte dieser Baum FAST auf die Arbeitsstaette. "Der kleine Tempel daneben hat wohl gute Arbeit geleistet!"

Lehmgaenge und rufe meinen Vermieter. Die naechsten Stunden verbringen wir, Vermieter, Vermiterin, eine Amma und ich damit alle Moebel und angesammelter Kram von mir von einer in die andere Ecke zu schieben und bewaffnet mit einem Spatel, Kerosin und einem ‚biologischen‘ Insektenvernichtungsmittel ruecken wir den Biestern auf den Pelz. Zurueck bleibt ein totales Chaos und was viel schlimmer ist, ein erbaermlicher Gestank des Kerosines. Ich habe die Nase voll und verbringe den Rast des Tages mit Pelle und ein paar Freunden im Kaffee.

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Ein Bischen Mehr Afrika, Zweiter Teil

Posted by gisa01 - 23 November, 2008

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Von meinem Entspannungsurlaub nun aber wieder ins wirkliche Leben!
Ougadougou! Nein, ist kein Witzname! Ist eine echte afrikanische Stadt – nämlich die Hauptstadt von Burkina-Faso… Wo das nun wieder liegt? Ach, schau doch einfach mal eben auf GooglEarth vorbei und dann mach dich schlau auf Wikipedia! 🙂
Mit meinem Chef, Kollegen und Freund Mouhsine aus Marokko wurden wir nach Ouaga gerufen, um der GTZ (Gesellschaft Technischer Zusammenarbeit) bei ihrer Mission „Holzsparende Herde“ auf die Sprünge zu helfen. Während Mouhsine also Vorträge über den verbesserten Herd hielt, rackerte ich mich mit dem Bauen und verbessern alter Lehmherde ab.

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Unser Hotel war gerade mal 15 Minuten vom Flughafen entfernt und war eines der Besten in der Stadt. Eine Nacht im Klimatisierten und sauberen Zimmer kostete gerade mal 100€, ohne Frühstück!
Zum Glück aber konnten wir diesem ordentlichen Leben schon nach einer Woche entfliehen und fuhren mit dem Auto weiter nach Benin, ein Nachbarland Burkina-Faso’s (siehe Google und Wiki..:-).
Wow, ein wunderschöns Land!


Es blieb natürlich nicht aus, dass Mouhsine und ich alles, aber auch alles, mit Indien verglichen. Waren es die fehlenden Kühe auf der Straße, die freundlichen Begrüßungen am Morgen wild fremder Menschen oder das fehlende Anstarren… Benin gewann in jeder Disziplin!
Vorsichtshalber hatte ich nur dezente Kleidung eingepackt und war mit einem Schal bewaffnet, um ihn mir schnell umzuhängen, würde ich doch noch zu viel Haut zeigen. Aber Pustekuchen! Die Frauen so freizügig gekleidet wie in Europa und so herausgeputzt, als würden sie am Morgen schon zu einer Cocktailparty gehen und nicht zur Arbeit! Und die Farben! Farben gibt es ja auch in unendlichen Spielformen in Indien, dass das überhaubt noch zu toppen ist!

Es dauerte nicht lange und wir fühlten uns wie zu Hause. Wir konnten abends im Dunkeln durch die Straßen laufen, an Verkaufsständen anhalten und Leckereien erstehen, so wie jeder andere auch! Dank den wenigen Touristen und dem zurückhaltenden Verhalten der Beniner, gab es kein „…komm an meinen Stand… kauf bei mir… nimm doch noch eines hier von… guck Dir das hier mal an…“.
Und dann das fehlende Gaffen! Boaaa, so befreiend!

Am Ende unseres Aufenthaltes hatte ich schon ganz vergessen, dass ich „Weiß“ bin und nur ein Ausländer auf der Durchreise.

Hmm, das war nicht ganz das, dass ich mir unter AFRIKA so vorgestellt hatte! Afrika ist doch wild, gefaehrlich und sooo anders!
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ODER….? Noch kurz zu unserer Arbeit in Benin: Mouhsine und ich arbeiteten intensivst an der Verbesserung der vorhandenen Lehmherde und testeten mit einem Kochteam die alten Herde. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen und so waren wir beide mit unserer Arbeit am Ende doch sehr zufrieden.
Aber Fotos sagen doch mehr als Worte!
Jetzt hoffe ich nur, dass der GTZ ebenfalls unsere Arbeit gefallen hat und dass sie uns schnellst moeglich wieder nach Afrika einberufen wollen! Ich bin dabei! 🙂

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Dem interessierten Leser wird auf Wikipedia aufgefallen sein, dass in Benin und Burkina-Faso franzoesisch gesprochen wird… und ich weiss jetzt wieder genau, dass ich noch viiiiiel zu lernen habe! Nur meinem lieben Freund Mouhsine habe ich es zu verdanken, dass ich jeden Tag etwas zu essen bekommen habe, denn als Vegetarier ist man in Afrika ganz ganz schlecht berate und ich weiss nicht, ob Ihr Euch die Blicke der Menschen vorstellen koennt, die uns erwidert wurden, wenn Mouhsine seine unermuedliche Fragen nach ‚Gemuese‘ gestellt hat.dscn1880web
Noch was zur Malaria?
Tja, so verwoehnt wie wir aus Indien waren, haben wir gar nicht mehr darueber nachgedacht, dass es sie wirklich geben koennte. Alle meine Medikamente Daheim gelassen und der Kopf voller Stovegedanken, wurde ich schon nach 4 Tagen wach geruettelt als ich leichtes Fieber bekam und mir erst einmal Medikamente besorgen musste. Zum Glueck ging es mir schon nach 2 Tagen wieder besser, dafuer sahen wir immer mehr Faelle von Malariaerkrankungen um uns herum, hier war ein Baby krank, dort war die Tochter fiebrig und auf der Strasse sahen wir, wie ein Kranken, den beschwerlichen Weg entlang geschleift wurde. Malaria, ist doch klar, jeder hat das hier ein mal im Jahr oder so. Ups… sahen Mouhsine und ich uns beschaemt an. Eigentlich war ich mir sicher, zurueck in Indien werde ich Malaria bekommen, im Gegensatz zu Mouhsine, der sich sicher war, dass wir keine bekommen werden… den Rest wisst Ihr ja schon, ich bin immer noch quitsch fidel waehrend Mouhsine endlich wieder so fit ist, dass er einen ganzen Tag auch mal ohne Erholungsschlaefchen durchhaelt.

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Taegliches ‚Fingerfood‘
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„Pat“ das taegliche ‚Brot‘
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Herde in Burkina-Faso

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Auf Nach Afrika, Erster Teil

Posted by gisa01 - 19 November, 2008

Hier also mein erster Afrika Nachtrag:dsc06023web

Gleich nach meiner Ankunft in Indien begrüßte mich das Wetter mit dem ersehnten Regen. Der Monsun ist mal wieder pünktlich! Fast schon etwas besonderes, wenn man von all den Wetterveränderungen weltweit hört und spricht.
Gibt es sie also doch noch, die guten alten Zeiten. Denn gerade aus Afrika kommend, wo das Wetter wieder Anlass zur allgemeinen Verunsicherung gegeben hatte, da es immer wieder regnete und stürmte, obwohl die Regenzeit längst hätte vorüber sein sollen, war es doch beruhigend zu sehen, dass es auch anders geht.
Hingegen war das deutsche Wetter, dem ich zuvor ausgesetzt war – wie zu erwarten – sonnig aber kalt, so dass schon die Heizung angeschmissen werden musste. Da kühlte mein von Indien kommend, noch warmes Blut, schnell auf eine nach einer Decke verlangenden Temperatur herab.
Die Welt fühlt sich klein an und das Wetter unbedeutend!
Mit dem Flieger durch drei Kontinente in wenigen Wochen.
Das was man vorfindet, wenn man mal auf dem einen und mal auf dem anderen Flughafen landet, sind riesige, unglaubliche Unterschiede, die sich eine einzelne Person niemals hätte ausdenken können. Aber es sind die Menschen, die es immer wieder auf das Wesentliche reduzieren. Zwar spiegelt ein Land mal mehr die freundliche Seite, mal ein Land die schmutzige Seite und mal ein Land die ordentliche Seite in uns wieder, ob aber die Hautfarbe hell oder dunkel ist, wir sind doch alle so unbeschreiblich, unbestechlich ähnlich!
Egal wie weit man fliegt!

Gut, also für meine deutschen Freunde brauche ich mich ja nicht lange über meinen Aufenthalt in Deutschland auslassen, ihr wart ja schließlich fast alle dabei. 🙂 …schön war es! Komme auch bestimmt mal wieder!
Deutschland war ein wirklicher Urlaub, kann gar nicht verstehen, wie man noch wo anders hinfliegen will, wenn man mal ausspannen muss!?
Mal in Kürze, für meine Verwöhnten Zeitgenossen:
Alles funktioniert, alles ist im Überfluss vorhanden. Lehn Dich zurück und lass es Dir gut gehen! Man muss sich das mal so vorstellen für jemanden, der aus einem Entwicklungsland kommt:
Es gibt Türen! Ha, und dann lassen sie sich auch noch klemmfrei vollkommen verschließen. Es gibt Fenster! Ja, nicht nur Maschendraht. Richtige Glasfenster. Und wenn man sie verschließt, zieht es nicht mehr!!! und man stelle sich vor, es wird auch noch leise, als gäbe es weder Nachbarn noch Straßen vor der Tür.
Wird es kalt, dreht man mit einer Bewegung aus dem Handgelenk die Heizung auf und es wird warm!
Die Dusche? Der Strahl kommt gleichmäßig. Man kann das Wasser trinken (ja, aus der Dusche!) und es wird warm! Eine heiße Dusche und das auch noch, so bald man am Knopf dreht! (Es ist wirklich kein Holzfeuer mehr von Nöten.)
Und dann gibt es auch noch Strom!!! IMMER!!! Einfach immer. Ausfälle gelten als Ausnahmezustand! Niemand hat Kerzen bereit gelegt oder eine Taschenlampe griffbereit.
Es gibt einen Kühlschrank! Und der ist auch noch voll! Stühle wackeln nicht. Auf dem Sofa liegt keine Geckokacke. Es gibt keine Ameisen im Zucker – und Kakerlaken… was ist denn das?
Beim Shoppen zahlt man, was drauf steht und es kommt der dran, der zuerst in der Schlange steht (eine Schlange nennt sich hier auch nicht „dein Gartenmitbewohner“, sondern eine „Anreihung wartender Menschen“. Wer drängelt, wird ans Ende verwiesen!)
Telelefone funktionieren. Die Wäsche macht eine Maschine. Den Abwasch macht eine Maschine und es gibt Internet, wo man geht und steht. Alles ist so sauber und neu, dass man meint, im Ikea-Katalog zu wohnen.
Ganz schön abgefahren!

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Ein schöner Sonntag

Posted by gisa01 - 4 November, 2008

dscn2312webDas Wetter ist wunderbar!
Ich komme gerade von meiner Sonntäglich morgendlichen Ausfahrt. Während Pelle geduldig aber aufgeregt mein Rückkommen erwartet, packe ich meinen Rucksack an der Hauptstraße mit hundlichen Leckereien voll.
Jeden Sonntag öffnen an der Hauptstraße kleine Unterstände, an denen unschuldig schauende Ziegenlämmer angebunden, nichts böses ahnend, auf das Schlachtermesser wartend, ein vertrocknetes Blättchen vor sich hinkauen.
Für den kleinen Pelle gibt es nichts besseres, als sich an einem Sonntagmorgen die Hundewampe mit Ziegenmägen vollzuschlagen. Vollgefressen und mit kugeligem Bauch sucht er sich daraufhin eine kühle Ecke im Garten und knabbert zufrieden an seinem Nachtisch, den knusprigen kleinen Ziegenbeinchen, herum.
Also mal ehrlich, was kann es für ein Hundeleben besseres geben?
Den restlichen Tag liegt er faul in der Ecke, vergräbt die Überreste des Tages unter einem Baum oder liegt dem selbigen zu Füßen unddscn2320web verdaut sein Mahl.

Ist der Hund zufrieden, bin ich es natürlich auch und so genießen wir beiden diesen wunderschönen Sonntag!
Das Wetter ist herrlich. Natürlich scheint mal wieder den ganzen Tag die Sonne. Aber trotzdem ist es angenehm. Die Schwüle der letzten Monate ist endlich vorüber und auch des nachts kann man getrost den Ventilator abschalten und sich eine geeignete Decke bereitlegen. Wie man es in Deutschland mit so wenig Sonne überhaupt überlebt, ist mir schleierhaft.dscn2366web

Normalerweise gibt es bei mir keinen Wochenrhythmus, mit freien- und Arbeitstagen, aber heute ist ein richtiger Sonntag!
Endlich habe ich mir wieder Zeit zum Gitarre spielen nehmen können und in Ruhe einige Vokabeln gelernt. (So ganz will ich das mit meinem Französisch doch einfach noch nicht aufgeben!)

Mein neues Heim ist ein echtes Paradies, aber seht selbstdscn2321web auf den Fotos! 🙂

Entspannen kann ich übrigens auch endlich wieder, weil mein Malaria geplagter Kollege es heute endlich aus dem Krankenhaus geschafft hat. Am Dienstag ging es ihm noch richtig schlecht, so dass wir ihn in ein anderes Krankenhaus auf die Intensivstation verlegen mussten. Die Malaria hatte seine Leber derart angegriffen, dass er quittengelb wurde und seine Thrombozyten gefährlich tief in die Knie gingen.
Die Entscheidung, dass er Blutkonserven brauchte, war einfach… aber woher, von wem? Unglücklicherweise hatte ein anderer Patient gerade einen Tag zuvor 14 Konserven der seltenen Blutgruppe Null negativ aufgebraucht und die Lager waren leer. Dass ich genau die Blutgruppe habe, die mein Freund Mouhsine brauchte, half uns leider selten wenig, denn wer weiß, vielleicht habe ich noch ein paar schlummernde Malariaerreger in meinem Blut und frische damit seine Infektion noch einmal richtig auf. Also verbrachte ich 2 Tage damit, Aurovillianer mit der seltenen Blutgruppe ausfindig zu machen. Durch den Auroville-Verteiler bekam jeder eine E-Mail mit dem Aufruf, sich doch bitte bei mir zu melden, wenn er/sie über die gleiche Blutgruppe verfügt und fuhr gleichzeitig mit einer total veralteten Liste aller Verzeichneten 0-negativ-Spender durch die Gegend. Leider gab es nur mickrige drei Personen auf der Liste, die natürlich schon längst nicht mehr unter der angegebenen Nummer zu erreichen waren und ihren Wohnsitz mittlerweile mehrmals geändert hatten. Schließlich fanden wir drei willige Spender in Pondicherry und weitere 7 Spender meldeten sich im Laufe des Tages auf meine Rundmail.
Mouhsines Gesicht nahm innerhalb weniger Stunden wieder eine rosige Farbe an und seine roten Blutkörperchen stiegen zusammen mit den Thrombozyten auf ein erträgliches Maß, während der Malaria mit einem chinesischen Wunderkraut gänzlich der Gar ausgemacht wurde.
Zwar musste ich den Ärzten einige Male auf die Füße treten und ihnen sagen, wo es lang ginge, aber im Großen und Ganzen waren wir alle froh, ihn nun in einem richtigen Krankenhaus untergebracht zu haben.

Das mit dem „richtigen“ Krankenhaus muss ich dann aber doch noch einmal erklären!
Also, wer in einem indischen Krankenhaus auf der Intensivstation liegt, wird doppelt gut versorgt, einmal von den Ärzten und Pflegepersonal und dann von seinen eigenen Angehörigen.
Die Regelung sieht vor, dass immer mindestens einer der Angehörigen vor (!) dem Krankenhaus auf einer Bank zu sitzen hat und auf Bestellungsaufträge seitens der Ärzte zu warten hat. Ein Ordnungsbeamter ruft also den Namen des Patienten auf und man muss sich melden, um eine Liste mit benötigten Medikamenten am Eingang entgegen zu nehmen. Mit dieser Liste sucht man nun die dem Krankenhaus angegliederte Apotheke auf, die sich natürlich in einem anderen Gebäude irgendwo in den unendlichen Gängen des Krankenhauses verbirgt, und gibt seine Bestellung ab. Mit einem Beutelchen voller Notwendigkeiten und einigen Rupien weniger, findet man sich sodann wieder vor der Intensivstation ein, um das Beutelchen abzugeben und auf eine neue Bestellung zu warten. Das kann so Tag und Nacht gehen. Immer sitzt jemand bereit und springt aus seinem Tiefschlaf auf, sobald der betreffende Name erschallt. Und das kann oft geschehen, denn außer den benötigten Medikamenten müssen die Angehörigen auch Handschuhe, Infusionsbestecke, Tupfer und Katheter in der Apotheke erstehen…

Mann, da soll sich doch noch mal jemand in Deutschland beschweren!!!

Gut, genug jetzt aber von Indien, mein nächster Bericht soll nämlich die entstandene Lücke in Afrika flicken!

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…und schon wieder krank?

Posted by gisa01 - 26 Oktober, 2008

Okay okay, ich schreibe ja schon was, aber nicht so viel, weil es mir im Moment nicht so gut geht. War heute im Krankenhaus!
Na keine Angst, eigentlich um meinen Kollegen zu besuchen, mit dem ich die 3 Wochen in Afrika gearbeitet habe. Den hat es naemlich leider mit ner ueblen Malaria umgehauen! In Afrika haben uns hunderte von Muecken gestochen, obwohl wir uns eincremten und vorsichtig waren. Aber verwoehnt von der indischen Malaria freien Zone in Auroville, haben wir das mit der Malaria in Afrika auch nicht so ernst genommen und haben uns dann bloede umgesehen, als wir von vielen Malariafaellen in unserer Umgebung hoerten und wir natuerlich keinerlei Prophylaxe dabei hatten.
So, auf jeden Fall, fuehle ich mich seit 2 Tagen auch nicht so gut und habe mir bei der Krankenhaus-Gelegenheit auch gleich mal etwas Blut abzapfen lassen. Hey, die haben sogar Desinfektionsmittel benutzt! 🙂
Mein Test war dann zum Glueck negativ, aber wie das in Indien so ueblich ist, muss immer jemand aus der Familie oder Freundeskreis bei dem Patienten bleiben. Tag und Nacht und so hatte ich in den letzten Tagen gut mit meinem Kollegen zu tun und habe mal ein paar indische Krankenhausbetten probe gelegen. War gar nicht mal so uebel. Er liegt im Einzelzimmer, mit Klimaanlage und Fernsehen! Aber jetzt bloss nicht neidisch werden! Wir sind immer noch in Indien!

So, heute Abend wollte ich auf jeden Fall faul auf dem Sofa liegen und mich auskurieren. Aber bei der starken Nachfrage! 🙂

Waehrend ich also hier in meinem neuen wunder schoenen Waldhaeuschen for meinem Laptop sitze, geht draussen die Post ab!
Es ist Diwali, ein Lichtfest und da wird geboellert und geschossen wie bei uns in der Silvesternacht. Eigentlich ist es dann wunder schoen in den Doerfern. Ueberall werden kleine Oellaempchen angezuendet, alle Stauen sind geschmueckt und es riecht nach Moschus-Raeucherstaebchen.
Aber auch von meinem Haueschen aus kann ich das Feuerwerk sehr gut hoeren und wenn ich aus dem Fenster schaue, dann habe ich mein eigenes kleines Lichtspektakel, direkt vor der Tuer. Es ist naemlich wieder Gluehwuermchenzeit! Ueberall blitzt und glueht es und ab und an verirrt sich auch so ein kleines Wuermchen mal in mein Haus und dreht seine Runden. Das ist eigentlich noch romantischer als die russenden Oellaempchen im Dorf.

So, Bilder gibt es jetzt auch noch keine, da meine Hausverbindung dann doch etwas zu langsam dafuer ist.
Es heisst also wieder warten! 🙂

Ich Drueck Euch und wuensche Euch allen ein wunder schoenes Diwali!

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Wie die Zeit vergeht

Posted by gisa01 - 18 Oktober, 2008

uijoijoi… und wie sie rast!

Ob ich es wohl noch mal schaffe was auf diese Seite zu schreiben?

Auf jeden Fall gruesse ich Euch schoen aus dem warmen Inden und bedanke mich noch mal recht herzlich fuer den herzlichen Empfang in Deutschland!

Ich habe Euch alle lieb! 🙂

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Noch ein schoenes Foto

Posted by gisa01 - 11 September, 2008

Michel in Pakistan:

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Gipfelsturm

Posted by Michi - 22 August, 2008

Waescheleine mit Tofana Gipfel am HorizontMichis Wäscheleine in Cortina D’Ampezzo

Nachdem ich bei meiner Wanderung durch Ladinien mit Peitler, Duleda und Piz Puez nur Berge bestiegen habe, die an der 3000 m Grenze kratzen, die Dolomiten aber durchaus mehr zu bieten haben, mache ich mich mit Little Susi auf den Weg zu den Tofanen nach Cortina D’Ampezzo. Über den Versorgungsweg der Dibona Hütte, eine kleine Schotterpiste, die bis auf ein Höhe von knapp 2100 m legal befahrbar ist, bringt mich Little Susi schon recht nah ans Gipfelkreuz des Tofana di Rozes auf 3225 m heran. Neben einem normalen Wanderweg führt dort auch der Klettersteig Lipella zum Gipfel.

Mount Saccarel ( 2600 m, Ligurische Grenzkammstr.)

Monte Saccarello (2200 m, Ligurische Grenzkammstr. Italien)

Da sich gerade ein Familienvater mit Frau und zwei Kindern auf dem Weg zum Klettersteig begibt, kann der Lipella-Steig ja nicht so schwer sein und ich entscheide mich trotz fehlendem Sicherungsgurt und Helm für eine kleine Kletterpartie. Dummerweise erfahre ich erst später, dass Familien mit Kindern nur den ersten Teil des Klettersteiges begehen, der zweite Teil ist als Spielwiese für Kinder und kletterunerfahrene Touristen eher ungeeignet.

Der Klettersteig beginnt mit einem mehrere hundert Meter langen steil ansteigenden Tunnel, den Soldaten während ersten Weltkriegs angelegt haben, um Deckung vor den feindlichen Geschützen zu haben, wenn sie zu ihren Stellungen hinaufsteigen. Da ich nur einen kleinen LED Schlüsselanhänger in der Tasche habe und nach einem kurzen Ausflug ins Freie vergesse meine Sonnenbrille im Tunnel wieder ab zu setzen, habe ich meinen ersten Absturz schon fast hinter mir, weil ich ein finsteres Loch im Boden bereits vor dem Drahtseil an der Tunnelwand erreiche. Ansonsten hat der fehlende Sicherungsgurt natürlich den Vorteil, dass ich sehr schnell unterwegs bin, denn das lästige Einhaken der Karabinerhaken in die Stahlseile entfällt.

Nachdem ich während der ersten beiden Stunden etliche Klettergruppen überholt habe, (da ich keinen Helm anhabe, lassen mich alle großzügig vorbei), wird mir langsam klar, dass ich in dieser riesigen Wand der einzige ungesicherte bzw. helmlose Gipfelstürmer bin. Als mich dann ausgerechnet ein junger Tscheche (Tschechen kennen beim Klettern eigentlich keine Angst) als „crazy“ bezeichnet, bin ich doch ein wenig verunsichert. Ein Deutscher, der mir entgegen kommt, beruhigt mich allerdings wieder ein wenig, denn er ist beim Abstieg vom Gipfel den oberen Teil des Klettersteiges nur umgangen, weil er ihm konditionell auf dieser Höhe zu anstrengend war. Klettertechnisch wäre es für ihn kein Problem gewesen, auch über den oberen Teil des Klettersteiges abzusteigen.

Col de Parpaillon (2640 m)

Col de Parpaillon (2640 m)

Da ich rutschige steile Schotterwanderwege mehr fürchte als konditionelle Probleme an einer griffigen Felswand, folge ich also weiter dem Lipella-Steig. Der Steig wird dann Richtung Gipfel zwar steiler und schwieriger, dank meiner langen Arme und Beine sind aber immer belastbare Tritte und Griffe in erreichbarer Nähe. Als ich dann den ersten leichten Überhang überwinden muss, wird mir klar, dass das Stahlseil, an dem ich mich möglichst zusätzlich festhalte, mich nicht unbedingt gegen einen Absturz sichert, denn in einem Überhang kann das Festhalten am kalten Stahlseil ganz schön anstrengend werden. Als ich dann nicht weit vom Gipfel entfernt die Schüsselstelle des Klettersteiges erreiche, wird mir leider zu spät klar, dass ich hier ohne Sicherung eigentlich nicht sein sollte. Für ein Zurück ist es inzwischen zu spät und vor bzw. über mir liegt eine nasse glitschige Wand, an der ich weder gescheite Griffe noch Tritte erkennen kann. Außerdem ist meine derzeitige Stellung schon recht anstrengend und das von der Felswand auf mich nieder rieselnde Wasser auf Dauer ziemlich unangenehm. Wenn ich hier nicht schnell weiterkomme, ist es nur eine Frage der Zeit, bis ich schlapp mache und mich nicht mehr festhalten kann. Mein erster Aufstiegsversuch misslingt, wobei ich zum Glück meinen alten Tritt wieder finde. Da ich weiterklettern muss, solange ich noch bei Kräften bin, unternehme ich nach kurzer Verschnaufpause den zweiten Anlauf und meistere die Stelle mit äußerster Kraftanstrengung so gerade. Ich bin der schlechteste Kletterer in dieser blöden Wand und als einziger nicht gesichert!

Tofana di Rozes (3225 m)

Geschafft: Tofana di Rozes (3225 m)

Ähnlich schwierige Stellen kommen zum Glück nicht mehr und ich erreiche nach etwas mehr als 3h Klettern unglaublich erleichtert den Wanderweg, der in Schotterserpentinen die letzten 300 Höhenmeter zum Gipfel heraufführt. Nach einer weiteren halben Stunde stehe ich am Gipfelkreuz und warte vergeblich auf die meisten anderen Kletterer in der Wand. Nach einer Stunde Verschnaufen, ganz viel essen (während der Kletterpartie hatte ich keinen Appetit) und Aussicht genießen laufe ich wieder den Berg herunter und treffe kurz vor der Hütte auf die erste Gruppe, die ich im Steig überholt habe. Sie sind nur hier hergekommen, um diesen Klettersteig zu begehen, der Gipfel interessiert sie gar nicht. Ich kann’s nicht fassen: Ich nehme einen Klettersteig höchstens, wenn er mir den Weg zu Gipfel verkürzt und das garantiert nie wieder ohne Helm und Sicherung…

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Das Leben auf der Alm

Posted by Michi - 11 August, 2008

Nachdem mein Aufenthalt in den Bergen von Pakistan durch das ablaufende Iranvisum viel zu kurz und die Berge im Iran zum Wandern zu karg waren, hat es mich mittels Schiffspassage Igoumenitsa-Venedig recht flott nach Italien in die Dolomiten verschlagen. Um Little Susi nach den vielen tausend Kilometern der letzten Wochen mal eine kleine Pause zu goennen, wird Gisas Zelt kurzerhand vom Sozuissitz auf meinen Ruecken umgeladen und los gehts zufuss durch die Berge von Ladinien.

Lech de Crespaina (2386 m), wer findet Gisas Zelt?

Lech de Crespaina (2386 m), wer sieht Gisas Zelt?

Gisas Zelt hat den grossen Vorteil, dass es so gross ist, dass die meisten Menschen darin mindestens drei Personen vermuten und Raeuber daher einen grossen Bogen darum machen. Denn selbst wer das Zelt genauer kennt und weiss, das die Schlafkabine nur zwei Personen fasst, der muss damit rechnen, das zwei ausgewachsene Rottweiler im Vorzelt naechtigen. So waere ich perfekt fuer die Berge geruestet, wenn das Zelt denn auch wasserdicht waere. Da dem aber leider nicht so ist und die Berghuetten im August meist hoffnungslos ueberfuellt sind, mache ich mich als der Wetterbericht ein Gewitter fuer die Nacht meldet, auf den Weg zur Medalges Alm wo mir die junge Wirtin Sandra schon vor ein paar Tagen einen Schlafplatz in ihrer Scheune angeboten hat.

Da Sandra und ihr Mann Heini Selbstversorger sind und Schinken, Butter, Kaese und mittels Solarzelle sogar ihren Strom selber erzeugen, verspreche ich mir als einziger Gast neben Sandras Onkel Hans (gebuertiger Bayer aus Berlin), der zufaellig gerade ein paar Tage Urlaub auf der Alm macht, einen tiefen Einblick in das Leben auf der Alm. Den bekomme ich auch, allerdings in erster Linie in das Almleben auf der Dusler Alm, denn Gottfried der Wirt der 1,5 h Fussweg entfernten Dusler Alm hat sich hierher auf den Weg gemacht, weil zwei seiner vier Rinder, die gerade auf der Medalges Alm weiden, den Zaun durchbrochen haben und drohen ins Tal zu laufen.

Medalgesalm (2293 m)

Medalgesalm (2293 m)

Bevor der Schaden behoben wird, wird nach dem langen Fussweg natuerlich erst einmal eine Rund Bier zur Begruessung ausgegeben und Gottfried, der auf seiner Alm ebenfalls eine Gaststube betreibt ist recht gespraechig und ziemlich frustriert, denn seine Frau und die beiden Toechter weigern sich mit ihm auf die Alm zu gehen und bleiben den Sommer ueber im Tal. Gottfrieds Geschaefte laufen zwar gut, er hat viele Gaeste und seinen Alm im Griff, aber seine Lebenssituation ohne Frau setzt ihm sehr zu. So laeuft eine Rund Bier nach der anderen und Gottfried begnuegt sich mit dem Blick aus dem Fenster, ob seine Rinder noch beisammen sind, zwei auf der einen und zwei auf der anderen Seite des Zauns.
Irgendwann ist klar, dass wir Gottfried, der normalerweise um 6 Uhr aufsteht, um seinen Laden zu schmeissen doch lieber ueberreden sollten ueber Nacht zu bleiben, statt 1,5 h bei einsetzendem Gewitter durch die Dunkelheit zu tapsen. Da ich fuer den naechsten Tag noch nichts geplant habe, biete ich ihm an, am naechsten Tag unter Heinis Anleitung und mit Hans Unterstuetzung seine Rinder zusammen zu treiben und den Zaun zu reparieren.

Gottfried der Barde

Gottfried der Barde

Gottfried ist einverstanden, greift zur Gitarre und entpuppt sich als Virtuose der Rock- Popp- und Volksmusik und es wird tuechtig weiter getrunken und gesungen, wobei auch Schnaepse die Runde machen, waehrend Sandras+Heinis 10 Wochen alte Tochter Johanna friedlich neben uns im Kinderwagen schlummert.
Irgendwann spuere ich, das ich als duenner Spargeltarzan mit diesen drei gestandenen Maennern nicht mithalten kann und versuche, solange ich noch alleine dazu in der Lage bin, meinen Schlafplatz in der Scheune zu erreichen, was mir nach mehrmals unterwegs uebergeben auch irgendwann gelingt.
Als Gottfried am naechsten Morgen gegen 7.30 Uhr aufsteht um den Heimweg zur Dusler Alm anzutreten, kann er sich vor Kopfschmerzen kaum bewegen und bringt nur Stoehnlaute heraus. Ich fuehle mich erstaunlicherweise toppfit und schmerzfrei, merke aber beim Aufrichten, dass ich noch so betrunken bin, dass ich fast von der Matrazze falle, viel zu gefaehrlich , um auf der steilen Alm Rinder zu treiben und schlafe weiter.

Kreuzjoch (2293 m), Sonnenuntergang

Kreuzjoch (2293 m), Sonnenuntergang

Sandra, die am Abend nur ein Glas Wein getrunken hat, muss zum Glueck am Morgen heraus, um ihre Kuh in den Stall zu treiben, denn die bekommt im Hochsommer einen Sonnenbrand auf den Euterzizzen, wenn sie tagsueber draussen bleibt und Sandra braucht schliesslich die Milch der Kuh um ihre Gaeste zu bewirten. Beim Kuh eintreiben stellt sie fest, dass die Rinder alle auf der richtigen Seite des Zaunes sind, so dass sie ihr Maenner erst einmal weiter schlafen lassen kann. Am spaeten Vormittag schaffe ich es schliesslich den Zaun, der an insgesamt 5 Stellen zerissen ist zu reparieren, waehrend Hans sich weigert mit seinem dicken Kopf das Bett zu verlassen und Heini erst gegen Mittag in der Kueche erscheint, da er seine Frau unterstuetzen muss, als die Gaeste ihnen buchstaeblich die Bude einrennen…

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